Motorreparatur
Wenn ich mich recht entsinne haben wir während der Reise Übergabefischerei für FVS-Schiffe betrieben,
aber auch Eigenfang als Frischfisch auf Eis mit auf Heimreise genommen. Wir hatten jedenfalls einen
Fischmehler mit und die Mehlanlage wurde gefahren. Der Fischmehler klagte laufend über einen
defekten Ablüftermotor in seiner Anlage, der in Rostock nicht ausgetauscht wurde.
Du bist E-Maschinenbauer, kannst du den Motor nicht mal überprüfen fragte er mich? Die Messung
ergab einen Masseschluss einer Motorwicklung. Trotzdem dachte ich, schau dir den Motor mal von innen
an. Ich baute den Motor aus und stellte nach der Demontage eine verbrannte Wendepolspule fest.
Material zum Motorwickeln gab es auf einem Trawler nicht. Aber ich hatte eine Idee für einen
Reparaturversuch:
Im E-Store fand ich eine Tüte mit Schellack und Spiritus zum Auflösen gab es auch. Ich wickelte den
Spulendraht (etwa 25 m, 1 mm Durchmesser) ab, mit Schmiergelleinen beseitigte ich den verbrannten
Drahtlack und baute aus Pappe einen neuen Spulenkasten für den Wendepol. Den Schellack rührte ich
zähflüssig an, spannte auf dem Bootsdeck den Draht und begann mit dem ersten Anstrich. Als der Lack
noch nicht ganz trocken war, erfolgte der 2. Anstrich und noch im leicht klebrigen Zustand habe ich dann
die Spule lagenweise mit nochmaligen Lackauftrag aufgewickelt. Der fertige Wendepol musste dann in
der Bratröhre des Schiffsherdes trocknen und wurde wieder eingebaut. Der Motor lief wieder, der
Fischmehler war zufrieden und ich hatte einen gelungenen Einstand in der Besatzung.
Etwa 12 Jahre später fragte mich der 1. TO Peter Müller, inzwischen war er DSRK-Mitarbeiter, beim
Wiedersehen auf dem Fangplatz Namibia: "Weißt du noch, dass Du auf ROS 225 den Draht gestrichen hast?
Damals kam der Alte, Heinz Erdmann, in den Funkraum gelaufen und rief schaut euch mal den neuen Epi an,
der hat schon auf der 1. Reise nicht mehr alle beisammen. Steht an Deck und fuchtelt mit Pinsel und Farbe
in der Luft umher." Aus der Nock hatte der Kapitän den dünnen Draht wohl nicht gesehen.
Wie ich auf See zu Wäscheleinen kam ...
Die Spanier fischten zu dieser Zeit auf dem Fangplatz Kabeljau mit Angeln. Soweit mir noch bekannt ist, hatten
die Angler für diese Fangmethode auf den Seekarten abgesteckte Gebiete, damit sie mit den Schleppnetzfischern
nicht ins Gehege kamen. Bei plötzlichem Sturmaufkommen schafften es die Angler oft nicht alle Angeln zu
bergen. Es trieben Angeln ab oder rissen sich von den Kennzeichnungsbojen los und sackten auf Grund ab.
Im weiteren Reiseverlauf machten auch wir damit noch unerfreuliche Bekanntschaft.
Bei einem Hol wurde ein Netz gehievt, in das sich mehrere Angeln verfangen hatten. Das Netz musste sofort
gewechselt werden und war für Tage unbrauchbar. Was es bedeutete, die verschlungenen Angelleinen mit den
vielen Haken aus dem Netz zu entwirren, kann man sich denken. Als ich die bunten Leinen von etwa 8 mm
Durchmesser sah, habe ich mich eigennützig am Entwirren beteiligt. Drei Enden a' 20 Meter habe ich mir mit
Erlaubnis des Bestmanns Bernhard Grundmann erarbeitet. Mit meinen Segelschein-Kenntnissen und der
Nachhilfe der Decksleute habe ich die Enden mit Augpleiß oder Rückspleiß versehen und als "Heimatware" in
meinem Seesack verstaut. Zu Hause dienten sie als Wäscheleinen und Festmacher bei mehreren Umzügen.
Sie rochen noch Jahre danach nach Seewasser.
Eine dieser Leinen hat es aus dem Atlantik
sogar bis nach Ottleben geschafft.
Vorerst schließe ich die Berichte meiner 1. Reise ab und hoffe es finden sich noch andere Reiseteilnehmer
oder Cottbus-Fahrer, die zur Besatzungsliste Namen beitragen können.
Die Reise dauerte 68 Tage und die Cottbus ging danach im Sommer 1969 in die Werft nach Stettin.